von Astrid Därr [http://www.daerr.net]
Inmitten der weiten Savanne der Busanga Plains im abgelegenen Kafue Nationalpark betreibt Wilderness Safaris das luxuriöse Shumba Camp. Hier stehen nicht nur Begegnungen mit Löwen, Elefanten und Hippos auf der Tagesordnung sondern auch ökologisches Camp-Management und die Bekämpfung der Wilderei.

Ein abgewetzter Holzschreibtisch in einem grasgedeckten Betonpavillon, ein rostiger Schlagbaum und ein Plumpsklo – mehr gibt es nicht am Eingang zum Kafue Nationalpark. Kein Souvenirshop, kein Kiosk, keine bunten Broschüren über Flora und Fauna. Der junge Ranger Francis tritt jeden Morgen bei Sonnenaufgang pflichtbewusst seinen Posten an, auch wenn sich nur alle paar Wochen ein Tourist hierher verirrt. Die Zeit vertreibt er sich mit einem selbstgebastelten Schachbrett aus Pappe und bemalten Kronkorken als Figuren. Gelegentlich plaudert ein Freund mit ihm, der an der sogenannten Hook Bridge über den Kafue Fluss auf eine Mitfahrgelegenheit ins 275 km entfernte Lusaka wartet.
Der Kafue Nationalpark im Westen zählt mit einer Fläche von 22.400 qkm zu den größten Schutzgebieten der Welt. Tiefsandige, zur Regenzeit schlammige oder überschwemmte Pisten und die lästigen TseTse-Fliegen machen die Anfahrt zu den Safaricamps im Park beschwerlich. Deshalb lässt sich die wohlhabende Kundschaft meist mit dem Kleinflugzeug direkt in den Park einfliegen. Echtes Abenteuerfeeling bietet jedoch eine Geländewagenfahrt vom Hook Bridge Gate nordwärts. Die Sandpiste schlängelt sich durch mannshohes Gras, dichtes Buschland und über ausgetrocknete Bachbetten. Meterhohe Kandelaber-Euphorbien recken ihre Arme in den stahlblauen Himmel. Von den Ästen einzelner Leberwurstbäume baumeln plumpe, wurstförmige Früchte, die leider nicht so schmecken wie sie aussehen. Lechwe-Antilopen mit elegant geschwungenen Hörnern knabbern an den wenigen Blättchen, die am Ende der Trockenzeit noch nicht vertrocknet sind. Nahe des Lufupa Camps im Herzen des Parks nähert sich die Piste dem namengebenden Fluss: Der etwa 300 Meter breite Kafue bahnt sich in unzähligen Schleifen seinen Weg gen Süden, wo er nahe der Grenze zu Simbabwe in den mächtigen Sambesi mündet. Nach fünf Stunden Holperfahrt öffnet sich auf einmal der Wald – sonnengelbe Grassavanne so weit das Auge reicht. Die scheinbar unendliche Schwemmebene der Busanga Plains nimmt 750 qkm im Nordteil des Parks ein. Inmitten dieser weiten Wildnis versteckt sich im Schatten eines gigantischen Feigenbaums eine Oase des Luxus: das Shumba Camp von Wilderness Safaris.

Ein Camp am Ende der Welt
„Welcome to Shumba!“ Die holländische Campmanagerin Ingrid Baas empfängt ihre Gäste mit einem Lächeln. Vom hölzernen Hauptdeck mit Lagerfeuerplatz und kleinem Pool führt ein Steg zu den sechs „Zelten“ …wenn man sie wirklich so nennen kann. Hinter den grünen Canvaswänden mit Fenstern aus Moskitonetz verbergen sich Suiten von der Größe eines Appartements, mit Outdoor-Dusche und Privatterrasse. Der Ausblick erfüllt jegliche Erwartungen von Afrika: Direkt vor dem Zelt grasen Antilopen und Nilpferde. Sattelstörche und Kronenkraniche picken nach Fröschen und majestätische Schreiseeadler kreisen über der Savanne. „Shumba bedeutet Löwe“, erklärt Ingrid. „Die Busanga Plains sind berühmt für ihre Löwen. Und das Camp heißt so, weil sie hier regelmäßig zu Besuch kommen. Nach Einbruch der Dunkelheit begleitet deshalb immer Jemand aus unserem Team die Gäste zum Zimmer.“ Die 37-Jährige und ihr Mann Rob Baas wanderten 2007 nach Sambia aus, um ihren Traum von Afrika zu verwirklichen. „Wir lieben die Abgeschiedenheit, Weite und Wildnis der Busanga Plains – diese Landschaft ist einzigartig. Hier kann man alle Tiere sehen, die man sich nur wünscht und begegnet dabei so gut wie keinem anderen Touristen.“
Nachhaltiger Luxus in der Wildnis
Wilderness Safaris vollbringt das Kunststück, seinen Gästen selbst in den entlegensten Regionen Afrikas Luxus und Design zu bieten. Gleichzeitig verpflichtet sich das Ökotourismus-Unternehmen zu Nachhaltigkeit, Natur- und Artenschutz. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist eine aufwendige Logistik notwendig. In Shumba sorgt eine thermische Solaranlage dafür, dass die Besucher zu jeder Tageszeit eine heiße Dusche genießen können. Ein atmosphärischer Wassergenerator (AWG) produziert sauberes Trinkwasser aus der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit. Die Gäste füllen die zur Verfügung gestellten Flaschen am Wasserspender auf – die in Afrika allgegenwärtigen Wegwerf-Plastikflaschen sucht man im Camp vergeblich.
Einmal wöchentlich bringt ein LKW aus der fernen Hauptstadt Lusaka alle Lebensmittel für die Gäste und die 21 Angestellten nach Shumba. Derselbe Laster nimmt den produzierten und getrennten Müll zurück in die Zivilisation, wo er zum Teil recycelt wird. Die ökologische Ausrichtung geht bis ins kleinste Detail: Die Kosmetikprodukte auf den Zimmern sind biologisch abbaubar und das „Bio-Klopapier” besteht aus Zuckerrohrfasern.
Wilderness Safaris versteht den nachhaltigen Tourismus als Chance, die Naturparadiese Afrikas zu schützen und gleichzeitig der lokalen Bevölkerung eine Perspektive zu bieten. Nur wenn die Menschen der Region vom Naturschutz profitieren, können Wilderei und Landnutzungskonflikte vermieden werden. Das Safariunternehmen betreibt fünf Camps im Park, finanziert Anti-Poaching-Kampagnen der Zambia Wildlife Authority und engagiert sich für Dorfprojekte in der Umgebung. Gäbe es die Camps nicht, würde kaum mehr Geld in die Nationalparkkasse fließen und viele Menschen hätten keine Arbeit mehr. Mit einem eigenen Trainingssystem und Englisch-Kursen bildet das Shumba Camp seine Mitarbeiter aus, die hauptsächlich aus den umliegenden Gemeinden stammen. So wie der junge Crispin, der vor einigen Jahren zusammen mit drei Freunden zwei Tage lang in einem selbstgeschnitzten Einbaum zum Shumba Camp paddelte, um dort nach einem Job zu fragen. Seitdem bedient er als Butler zahlungskräftige Touristen aus aller Welt.
Mit dem Programm Children in the Wilderness nimmt sich Wilderness Safaris außerdem der nächsten Generation an. Ingrid Baas koordiniert das Projekt in Sambia und motiviert Lehrer und Kinder in Schulen der Umgebung dazu, sich in „Eco Clubs” mit dem Naturschutz zu befassen. Dreimal jährlich lädt die Campmanagerin engagierte Schüler zu einem Aufenthalt nach Shumba ein. „Die Kinder gehen mit auf Game Drives und nehmen an Workshops teil, in denen sie alles über den Park und seine Tiere erfahren. Die Kids sind überwältigt, wenn sie hier ankommen: Viele haben noch nie eine Toilette mit Wasserspülung gesehen, sitzen zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Auto und schlafen zum ersten Mal in einem richtigen Bett”, erklärt Ingrid. „Nach den Tagen im Shumba Camp kehren sie als Botschafter für den Naturschutz zurück in ihr Dorf.”
Im Land der Löwen

Am späten Nachmittag begrüßt der sambische Wildführer die kleine Touristengruppe aus dem Camp: „JohnD, ohne Leerzeichen vor dem D, wie die gelb-grünen Traktoren“, stellt er sich vor. „Meine Eltern haben mich nach den John Deere-Traktoren benannt. Aber ich bin ihnen nicht böse. Der Koch im Camp heißt Lemon und einer der Angestellten hat den Vornamen Fork und den Nachnamen Spoon“, erzählt er mit einem verschmitzten Lachen. JohnD steuert das offene Safarifahrzeug mit stoischer Ruhe querfeldein über die Ebene. Auf den ersten Blick erscheint die Savanne der Busanga Plains platt und leer, doch plötzlich reckt ein Afrikanischer Otter seinen Kopf aus dem Gras und putzt sich hektisch das dunkel glänzende Fell. „Die gesamte Ebene ist durchzogen von Wasserkanälen, die zum Teil unterirdisch verlaufen. In der Regenzeit, wenn der Lufupa River über die Ufer tritt, ist hier alles überflutet und das Gras schwimmt wie ein Teppich obenauf. Manchmal taucht ein Nilpferd wie aus dem Nichts auf – die leben selbst in den schmalsten Kanälen“, erklärt JohnD. Ein paar Minuten später entdeckt er zwei Löwinnen und ihre drei Jungen, die sich faul im Gras wälzen – und das nur wenige Hundert Meter vom Camp entfernt!
JohnD kennt hier jeden „seiner“ Löwen beim Namen. Seit 17 Jahren arbeitet er als Guide und die Leidenschaft für seinen Beruf merkt man ihm sofort an. Er erläutert den Unterschied zwischen Puku und Lechwe-Antilopen, wie man männliche und weibliche Sattelstörche auseinanderhält, warum Krokodile zwei Stunden lang die Luft anhalten können und wie man in der Dunkelheit an den reflektierenden Tieraugen erkennt, ob dort ein Leopard oder einen Buschbock lauert. JohnD ist ein lebendes Naturkundelexikon.

Während jedes Game Drives sammelt JohnD außerdem Forschungsdaten zum Schutz der Löwen im Park. In den letzten zwanzig Jahren sank die Löwenpopulation in Afrika nach Angaben von Wilderness Safaris von über 100.000 auf nur noch 20.000 Tiere. Sambia bietet wegen seiner Größe und relativ niedrigen Bevölkerungsdichte gute Lebensbedingungen für die Raubkatzen – das Land beheimatet nach Schätzungen mehr als 1000 Löwen. Bisher existierten jedoch recht wenige Daten über die Situation und den Bestand der Löwen im Kafue Park. Wilderness Safaris und seine Umweltschutzorganisation Wilderness Wildlife Trust rief daher zusammen mit der amerikanischen Nicht-Regierungsorganisation Panthera und Wissenschaftlern der University of Cape Town im Jahr 2010 das Kafue Lion Project ins Leben. In Kooperation mit der Zambia Wlidlife Authority fördert das Projekt neben der Datenerhebung auch die Überwachungsmaßnahmen und den Ausbau von Einsatzkräften zur Bekämpfung von Wilderei. Denn leider ist die illegale Jagd nach Wildfleisch mangels alternativer Einnahmequellen der Menschen vor Ort noch immer allgegenwärtig: “Wir stehen hier im Park vor riesigen Herausforderungen – die Wilderei ist ein großes Problem. Die Wilderer jagen kommerziell nach Hippo- und Büffelfleisch für Restaurants in Sambia oder im Kongo. Andere jagen Pukus oder Löwen, um ihre Familie zu ernähren. Wir haben schon oft Schlingen von Wilderern gefunden. Die Parkverwaltung hat kein Geld, sich um dieses Problem zu kümmern. Wilderness Safaris stellt daher selbst Scouts zur Verfügung. Und wenn wir etwas Verdächtiges beobachten, melden wir es“, erläutert Ingrid Baas.
Langfristig wollen die Partner des Kafue Lion Projects die Population im Park und in den angrenzenden Game Management Areas (GMA) überwachen sowie einen nachhaltigen Managementplan zum Schutz der Löwen entwickeln.
Schwerelos über der Savanne

Am nächsten Morgen steht eine Ballonfahrt über den Busanga Plains auf dem Programm. Kurz nach Sonnenaufgang wartet Eric Hesemans am Nilpferdteich nördlich des Camps auf seine Gäste. Der kernige Namibianer mit sonnengegerbter Haut und speckigem Lederhut wuchs als Sohn belgischer Eltern im Kongo auf, lebte später in Ruanda und führte dann 23 Jahre lang Ballonsafaris über der Namib-Wüste. Während er mit dem Flammenwerfer heiße Luft in den Ballon zischt, erklärt er die Regeln: „Im Ballon ist der Wind der Boss – auch wenn meine Frau an Bord ist.“ Fast unmerklich löst sich der Korb vom Boden. Die Nilpferde, die sich im Hippopool aneinander drängeln, schrumpfen zu kleinen grauen Punkten. Auf der Ebene breitet sich ein labyrinthisches Netzwerk aus Wasserkanälen aus. Eric entdeckt einen Karakal, der in einen der tief ausgetretenen Nilpferdpfade flüchtet, als er den Ballon etwas sinken lässt. Er schleicht sich von oben an eine Zebraherde an, die in einer Staubwolke davonrennt. Die getrockneten Fußabdrücke von Elefanten, Nilpferden und Antilopen im Schlamm verwandeln die Plains in einen holprigen Acker. Doch der Ballon schwebt wie ein fliegender Teppich knapp über Akazienkronen und das zerfurchte, grün-gelbe Grasland. „Die Ballonfahrten helfen im Kampf gegen die Wilderei“, erzählt Eric, der sein Luftschiff meisterhaft steuert und vor der Waldgrenze sanft absetzt. „In der Touristensaison überfliegen wir alle paar Tage die Ebene und die Wilderer wissen das. Wenn wir etwas Verdächtiges beobachten, melden wir das der Nationalparkverwaltung.“ Und die hat Hilfe nötig, denn der Zambia Wildlife Authority fehlt das Geld: für die Einrichtung einer touristischen Infrastruktur, für die Instandhaltung der Pisten, für die Bekämpfung der Wilderei. Viele der insgesamt zwanzig Nationalparks in Sambia sind praktisch nicht mehr zugänglich. Dass der 1950 gegründete Kafue Nationalpark noch existiert, ist nicht zuletzt Wilderness Safaris zu verdanken.
Wir bedanken uns sehr herzlich für ihren Beitrag zu unserem tourism_LOG!