Durch weite Wälder wandern, die Seenlandschaften mit dem Rad erkunden, den Schärengarten vom Kanu aus erleben. Wie kann ich mit einem möglichst geringen ökologischen Fußabdruck nach und durch Südschweden reisen und dabei einen Mehrwert für mich und die Menschen vor Ort schaffen? Dieser Frage geht unsere Mitarbeiterin Anna Kodek nach.
Reiseroute:
Entlang des Schärengartens an Schwedens Westküste, Göteborg, die Seenlandschaft sowie historische Orte im Landesinneren.

INHALT
Warum hat mich Südschweden so verzaubert? Weil hier im Hochsommer bei angenehmen Temperaturen ein Aktivurlaub mit Meer- und Seeblick möglich ist. Ich liebe es, ausgedehnte Wander- und Radtouren zu unternehmen und mit dem Kajak die Flusslandschaften sowie den Schärengarten aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen. Ich schlendere gerne durch historische Orte mit den für Skandinavien so typischen Häusern und verwöhne mich mit einer Zimtschnecke.
Der Schärengarten
Die für Schweden so einzigartigen Schären finden sich entlang der Küste – vom hohen Norden bis in
den tiefen Süden. Mal sind es grüne und bewohnte Inseln, mal unbewohnte, felsige oder glattgeschliffene Inselchen, deren Granitgestein rosa bis schwarz in der Sonne glitzert.
Manche Schären liegen inmitten der Natur, so wie die vier Archipele im Schärengarten von
Östergötland an der Ostküste. Andere liegen in der Nähe pulsierender Metropolen, so wie der
Schärengarten von Stockholm.

Die Schären an Schwedens Westküste zählen zu den weltweit besten Gebieten zum Seekajak-Fahren. Das Geschrei der Möwen und ein sanftes Schaukeln der Wellen sind die ständigen Begleiter beim Paddeln. Dank des „Jedermannsrechts“ kann man, falls nicht explizit verboten, überall mit dem Kajak hinfahren und dieses an den Schären festmachen. Viele Inseln bieten Infrastruktur wie Toiletten und Grillstationen – ideale Voraussetzungen, um dort ein Zelt aufzuschlagen und zu übernachten. Eine andere Variante ist, unter Tags zu paddeln und die Nacht in einer Unterkunft an der Küste zu verbringen.
Für einen sauberen Schärengarten
Durch die Herbst- und Winterstürme und die Strömungen wird Müll an die Westküste Schwedens angespült. „Håll Bohuslän Rent“ – Halten Sie Bohuslän sauber – ist eine Initiative von
Gemeinden, verschiedenen Organisationen und dem Tourismusamt. Es wurde die interaktive Beach Cleaner Map erstellt, es werden kostenlose Strandreinigungssets zur Verfügung gestellt und jedes Jahr wird ein „Coastal Clean Up Day“ nach dem Motto „Niemand kann alles, aber jeder kann etwas tun” veranstaltet.
Kosterhavet Nationalpark
Schwedens einziger Meeresnationalpark ist Kosterhavet an der Grenze zu Norwegen. Er ist mit dem norwegischen Ytre Hvaler Nationalpark das einzige länderübergreifende Meeresschutzgebiet in Skandinavien. In den Tiefen des Meeres befindet sich ein Kaltwasserkorallenriff – ein Eldorado für über 6.000 verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Die Seegraswiesen und Kelpwälder laden zum Schnorcheln und Tauchen ein.
Tjörn und Orust
Die Nachbarinseln Tjörn und Orust befinden sich nördlich von Göteborg und südlich des Nationalparks Kosterhavet. Brücken verbinden die Inseln und das Festland miteinander.
Kleine Badebuchten, malerische Dörfer und hübsche Häfen finden sich in den Bilderbuchlandschaften der landwirtschaftlich geprägten Inseln, die inmitten eines zauberhaften Schärengartens liegen.

Tjörn ist flächenmäßig etwas größer als Graz, Orust ist etwas kleiner als Wien. Ausflüge zu den autofreien Inseln Dyrön (üppig grün) oder Åstol (karg und vulkanischen Ursprungs) bieten sich an sowie ein Besuch des Aquarellmuseums und dem Skulpturenpark. Der Hering brachte den Fischerdörfern von Orust und Tjörn in den vergangenen Jahrhunderten einen wirtschaftlichen Aufschwung. Heute schlendern vor allem Urlauber*innen durch die Gassen.
Eines der größten Naturreservate in der Region ist Härmanö. Es liegt auf der vorgelagerten Insel
Gullholmen vor Orust. Die gleichnamige Gemeinde punktet mit zwei Superlativen. Erstens zählt sie zu den ältesten Fischerdörfern in der Region, zweitens befindet sich ein Teil des Dorfes auf einer „Mini-Schäre“. Diese zählt zu den am dichtesten besiedelten Schäreninseln Schwedens. Lässt man den Ort Gullholmen hinter sich, findet man eine Naturlandschaft mit zerklüfteten Felsen, Heideflächen, Wiesen und Weiden.
Vorzeigeprojekt Egnahemsfabriken Tjörn
So wie im Alpenraum gibt es auch auf den beiden Insel das Problem von steigenden Immobilienpreisen, da sie in touristisch attraktiven Gebieten liegen. Erschwingliche Wohnungen sind rar. Der 2017/2018 gegründete Verein Egnahemsfabriken unterstützt Menschen mit fachlicher Expertise von Architektinnen, Tischlerinnen und anderen Playern der Baubranche, damit sich diese durch eigene Arbeit ein Zuhause schaffen können. Das Miteinander und soziales Bauen sind die Grundwerte. Seit der Vereinsgründung wurden rund 20 Bauprojekte realisiert, es wurde fleißig kooperiert, geforscht, entwickelt – und Arbeitsplätze wurden geschaffen.
Mehr Informationen: Tourismusverband Westschweden
Kulinarische Besonderheiten
An der Westküste sind Gerichte mit Schalentieren und Fischen sehr beliebt. Das populäre Krebsfest „Kräftskiva” läutet in ganz Schweden das Ende des Sommers ein. Im Frühjahr hingen haben Reisende die Möglichkeit, mit einer/einem Fischer*in auf das Meer hinauszufahren und selbst ihr Glück zu versuchen. Um die Überfischung zu vermeiden, soll der Fischkonsum reduziert werden. Die Alternative: Seetang. Spezielle Seetang-Safaris werden angeboten und auch Kochworkshops, in denen man lernt, Seetang kulinarisch zu verarbeiten. Algen gelten aufgrund ihrer wertvollen Inhaltsstoffe als Superfood. Und Algen zu verkochen, wird in Schweden immer populärer
Göteborg
Zwischen Schären und Seen liegt laut Global Destination Sustainability Movement eine dernachhaltigsten Destinationen der Welt, die Stadt Göteborg. 95 Prozent der Hotels in Göteborg sind nachhaltig zertifiziert und Öffis fahren fast zur Gänze mit erneuerbaren Energien. Repräsentative Stadtbauten, eine spannende Kunst- und Kulturszene, faszinierende Museen, guteShoppingmöglichkeiten und der größte Freizeitpark Skandinaviens (Lisberg) prägen die zweitgrößteStadt Schwedens. Das autofreie Szeneviertel Haga war ursprünglich ein Vorort, liegt aber heute inmitten der Stadt und lockt mit kreativen Läden und lieblichen Cafés. Die Kombination Natur- und Städtefeeling schließt sich in Göteborg nicht aus: Der 27 Kilometer lange „Skärgårdsled Wanderweg“ wurde 2022 eröffnet und führt über die vorgelagerten Schäreninseln.

Mehr Informationen: Tourismusverband Göteborg
Schwedens Wälder
Für mich persönlich ist Schweden der Inbegriff von Wäldern ohne Ende. Es gibt 30 Nationalparks in
ganz Schweden und unzählige Naturreservate. Neu für mich war aber, dass nur ein sehr kleiner Teil
dieser Wälder so richtig alt ist und einige Jahrhunderte am Buckel hat. In nur 10 Prozent der Wälder stehen Bäume in allen Altersstufen – vom kleinen Pflänzchen bis zum 500 Jahre alten Prachtexemplar. Weniger als vier Prozent dieser Wälder stehen unter Schutz.
Schwedens Forstunternehmen zählen zu den größten der Welt und praktizieren Kahlschläge, auch in naturnahen Wäldern. Hier klafft die Schere zwischen Naturschutz, Tourismus und der Forstwirtschaft massiv auseinander. Die Wälder der folgenden Nationalparks sind jedoch geschützt.
Åsnen Nationalpark
75 Prozent der Fläche des Nationalparks, südlich von Växjö, besteht aus Wasser, dem Revier des Fisch- und Seeadlers. Alte Buchenwälder, ein Mosaik aus Inseln soweit das Auge reicht, eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt sowie eine nachhaltige Tourismusentwicklung sind einige Zutaten, warum es dieses Fleckchen unter die „Sustainable Top 100 Destinations“ geschafft hat.
Räder und Elektrofahrräder stehen an mehreren Standorten bereit, um den einzigartigen See-Schärengarten zu erkunden. Es ist möglich, die Fahrräder an einem Ort abzuholen und an einem
anderen Ort wieder zurückzugeben. Eine gelungene Kombination, will man Radfahren mit
Kajakfahren oder Busfahren verbinden.
Der See Åsnen ist aber nicht nur für sein einzigartiges Seen-Archipel bekannt, sondern auch für die
prächtigen Streuobstwiesen. Die Obstgärten südlich des Sees wachsen dort bereits seit über 400 Jahren.

Store Mosse Nationalpark
Lappland Feeling bekommt man in Südschwedens größtem Moorgebiet, dem Store Mosse Nationalpark südlich von Jönköping. Besonders in den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel über den Wollgräsern aufsteigt, kunstvolle Spinnenweben in der Sonne glitzern und der eine oder andere Elch oder Adler sich blicken lässt, möchte man, dass die Zeit stillsteht.
Småland
Glasbläsereien in Småland
Östlich von Växjö haben sich Glasbläsereien im 18. Jahrhundert angesiedelt. Ein kulinarisches Erlebnis ist ein sogenannter „Hyttsill“ aus Hering, Kartoffeln und der typisch småländischen Bratwurst Isterband. Früher wärmten die Arbeiter der Glashütten nach einem anstrengenden Tag ihr Essen in der Resthitze der Schmelzöfen. Gleichzeitig waren die Hütten in den langen und kalten Winternächten ein gemütlicher und warmer Ort der Geselligkeit. Um die damalige Tradition für die Besucher*innen erlebbar zu machen, bieten mehrere Glasbläsereien einen Hüttenheringsabend an.
Historische Orte: Eksjö, Gränna
Zu den historischen Orten von Småland zählt Eksjö, östlich von Jönköping. Es ist eine der am besten erhaltenen Holzstädte in Schweden. Die Altstadt mit ihren engen Gassen entspricht noch dem
mittelalterlichen Stadtplan und steht mit rund 60 Holzhäusern unter Denkmalschutz.
Nördlich von Jönköping, am Ufer des Vätternsees, einem der größten Seen Schwedens, fügt sich Gränna malerisch in die Landschaft ein. Neben kopfsteingepflasterten Gassen und lieblichen Häusern ist sie die Heimat der berühmten weiß-roten und nach Pfefferminz schmeckenden Zuckerstangen.
Mehr Informationen: Tourismusverband Småland
Kulinarische Köstlichkeiten aus der Natur
Haben Sie Lust, im größten Gourmetrestaurant der Welt zu speisen? In Schwedens Natur findet man gesunde Leckerbissen gleich um die Ecke. Über zehn ausgewiesene Plätze finden sich von den Stränden an Schwedens Südspitze bis zu den Berggipfeln im arktischen Norden. Unter dem Motto „Ein Land wird Restaurant“ und „Ein Land wird trinkBar“ entwickelte VisitSweden zusammen mit schwedischen Sterneköchen Menüs zum Nachkochen.

Die Gerichte bestehen aus Zutaten, die man in Schwedens Wäldern, Wiesen und Seen findet. Die vorbereiteten Tische mit Kochausrüstung bucht man vorab, in der Regel von Mai bis Oktober, wenn die meisten Pilze und Beeren wachsen. Als Zusatzleistung kann man einen professionellen Koch/eine professionelle Köchin, eine*n Bartender*in oder Naturguide buchen.
Nähere Infos:
https://visitsweden.de/Ein-Land-wird-Restaurant/
https://visitsweden.de/ein-land-wird-trinkbar/
TIPP:
Einen kleinen Reiseführer, um Südschweden verantwortungsvoll zu entdecken, gepaart mit vielen Anregungen und Unterkunftstipps finden Sie auf: www.verantwortungsvoll-reisen.com/südschweden
Klimaschonende Anreise nach Schweden
Ab Wien geht es per Nachtzug nach Hamburg. Von dort gibt es gute Zugverbindungen
weiter nach Kopenhagen und in die schwedischen Metropolen.
Die Städte Hamburg und Berlin werden mit Stockholm auch durch einen Nachtzug verbunden.
Die schwedische Bahngesellschaft Snälltåget verbindet im Winter wie Sommer München sowie teilwiese Salzburg und ausgewählte Orte in den Alpen mit Malmö.
Um in Schweden von A nach B zu gelangen, ist der Routenplaner Resrobot empfehlenswert.
Sehr zu empfehlen ist die Website Direct Train. Hier geben Sie einen Bahnhof ein und Sie sehen alle Direktverbindungen, die es von diesem Bahnhof aus gibt.
Nähere Infos:
www.nightjet.com | www.snalltaget.se | www.sj.se | https://resrobot.se | https://direkt.bahn.guru/