Europa verantwortungsvoll entdecken: Norwegen

Mehr als 1.000 Fjorde und Inseln, weite Landschaften, Mitternachtssonne, Nordlichter und lebendige Städte: Das ist Norwegen! Erlebe die Naturschönheiten, tauche in pulsierende Städte ein, genieße die Kultur – und das alles bequem mit der Bahn, dem Fahrrad und zu Fuß.

Von Anna Kodek


Reiseroute:
Von der Schwedischen Grenze nach Oslo, weiter an die Küste nach Stavanger, Bergen und Trondheim mit Abstecher zu den Fjorden ins Landesinnere.

INHALT

Warum hat mich das Land der Trolle so verzaubert? Mich faszinieren die tief einschneidenden Fjorde und das Meer. Ich liebe es, ausgedehnte Wander- und Radtouren zu unternehmen, aber auch Kajak zu fahren und durch die kleinen Orte mit den für Skandinavien typischen Häusern zu bummeln. Im Sommer will der Tag nie enden, im Winter tanzen magische Nordlichter am Himmel.
 

Norwegen – Ein Land der Superlative

Über 1.000 Fjorde und 200.000 Inseln umfasst das Land. Die höchste Steilwand Europas ist der Trollveggen, die größte Hochgebirgsebene Europas die Hardangervidda, der größte Gletscher am europäischen Festland ist der Jostedalsbreen.
In Norwegen befinden sich 10 der 30 höchsten Wasserfälle Europas und der Hornindalsvatnet ist mit 514 Metern der tiefste See in Europa. In Norwegen und Spitzbergen gibt es außerdem über 40 Nationalparks und mehr als 3.000 Schutzgebiete, die sieben Prozent der der Gesamtfläche des norwegischen Festlandes einnehmen.

© Cornelia Kühhas

Aber auch im sozialen Bereich hat Norwegen die Nase vorn. So führte bereits 1993 die norwegische Regierung die „Väterquote“ ein: Väter sind für 10 Wochen nach der Geburt ihres Kindes von der Arbeit freistellt. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist in der Verfassung verankert.
2003 wurde eine Frauenquote in börsennotierten Unternehmen beschlossen. Mindestens 40 Prozent der Ausschussmitglieder müssen Frauen sein. Das Land verwaltet den größten Staatsfond weltweit. Im Februar 2022 verfügte der staatliche Pensionsfonds über ein Vermögen von rund 1,4 Milliarden US-Dollar (Quelle: Statistika)

Auch infrastrukturmäßig hat Norwegen einige Rekorde zu bieten. Der Lærdalstunnel zählt mit seinen mit 24,5 km Länge zu den längsten Straßentunneln der Welt. Der im Jahre 2019 eröffnete Ryfast Tunnel bei Stavanger ist der angeblich längste (14,3 km) und tiefste Unterwassertunnel (der tiefste Punkt liegt bei 292 Meter unter dem Meeresspiegel).
In Norwegen sind auch die meisten E-Autos und Fähren weltweit unterwegs (Quelle: Statista).
97 Prozent der Energie wird aus erneuerbaren Energien gewonnen, Wasserkraftwerke machen 88 Prozent und Windkraftwerke 9 Prozent aus (Stand 2021, Quelle: NVE).

Schafe Norwegen © Cornelia Kühhas
© Cornelia Kühhas

Ytre Hvaler Nationalpark

Norwegens erster Meeresnationalpark an der Südostküste ist der Ytre Hvaler Nationalpark. 96 Prozent der geschützten Fläche befinden sich unter Wasser.  Gemeinsam mit dem schwedischen Kosterhavet Nationalpark ist es das einzige länderübergreifende Meeresschutzgebiet in Skandinavien. An Land erkundet man den Nationalpark am Rad oder zu Fuß, am Wasser am besten per Kajak.

Oslo

Die norwegische Hauptstadt liegt am 100 km langen Oslofjord und zählt zu den am schnellsten wachsenden Metropolen in Europa. Das neue Munch Museum, eröffnet im Herbst 2021, und das neue Nationalmuseum, eröffnet im letzten Jahr, haben zuletzt das Stadtbild verändert.

Munchmuseum © Guttorm Stilen Johansen/VisitNorway
Munch Museum © Guttorm Stilen Johansen/VisitNorway

2019 wurde Oslo der Titel „Green Capital“ verliehen. Mit diesem Award zeichnet die Europäische Kommission jedes Jahr eine Stadt aus, die sich vorbildlich in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit engagiert. In der Hauptstadt reicht das Spektrum von autofreien Zonen über die Umwandlung alter Hafenareale und Industrieviertel in hochmoderne, energieeffiziente Wohn- und Kulturquartiere.

Stavanger und Umgebung

Etwas beschaulicher als in Oslo geht es in Stavanger zu. Eine historische Altstadt, ein Hafen, bunte Speicherhäuser, eine große Street Art Kollektion und Museen prägen die Stadt.

Stavanger © Cornelia Kühhas

Der Lysefjord unweit der Stadt ist die Heimat der Granitriesen. Wanderungen zur berühmten 604 Meter hohen Felskanzel Preikestolen oder zum höchsten Gipfel, dem Kjerag, bieten atemberaubende Aussichten auf die Hochebene, den Fjord und den Kjerag-Felsbrocken.

Lysefjord © Cornelia Kühhas
Lysefjord © Cornelia Kühhas
Preikestolen © Lisa Schopper

Eine spannende Landschaft mit einzigartiger Geologie findet man im UNESCO Geopark südlich von Stavanger. Wie wäre es mit einer Wanderung zum Trollpikken? Hinter diesem fantasievollen Namen versteckt sich eine außergewöhnliche Fels-Formation, die an das beste Stück des Mannes erinnert.
2017 wurde der Pikken weltberühmt, als er eines Nachts gekappt wurde. Dank Fundraising und lokalem Engagement wurde der Felsen aus Anorthosit, einem Gestein, das sich auch auf der Mondoberfläche findet, wieder an seinen rechtmäßigen Platz zurückgebracht.

Trollpikken Copyright: Magma Geopark, Anna Omdal
Trollpikken © Magma Geopark, Anna Omdal

Nördlich von Stavanger wird eine Lachssafari der anderen Art angeboten. Auf dem 22 km langen Suldalslågen ist man mit Taucherbrille, Schnorchel und einem speziellen Anzug ausgerüstet und lässt sich vom Fluss treiben.  
 
Norwegen hat nicht nur Berge und Fjorde zu bieten. Die längsten Sandstrände des Landes findet man in der Küstenlandschaft Jæren, Norwegens Kornkammer.

Bergen und die Fjorde

Die durch eine vorgelagerte Inselwelt vor dem offenen Meer geschützte Stadt Bergen ist Norwegens bekannteste und zweitgrößte Stadt. Mit kopfsteingepflasterten Gassen, dem Fischmarkt und lieblichen Holzhäusern versprüht die auf sieben Berghängen erbaute Stadt die Atmosphäre einer Kleinstadt. Der älteste Stadtteil Bryggen ist ein Tourist*innenmagnet und blickt als ehemaliges Handelszentrum für Stockfisch auf eine über 1.000 Jahre alte Geschichte zurück.  

Bergen @ Mette Sand

So wunderschön Bergen und Norwegen auch sind, man sollte Schlechtwettertage mitberücksichtigen und entsprechend mehr Zeit für den Besuch einplanen. Bergen zählt mit ca. 200 Regentagen im Jahr zur regenreichsten Stadt in ganz Europa. Bergen ist so wie rund 20 Destinationen in Norwegen nachhaltig zertifiziert.  

Bergen © Mette Sand

Das Umland von Bergen lockt mit vielen Fjorden, die während der letzten Eiszeit entstanden sind. Nördlich von Bergen liegt der 205 Kilometer lange Sognefjord, Norwegens längster Fjord. Ein Seitenarm ist der Nærøyfjord. Er zählt zu den schmalsten und meistbesuchten Fjorden.  Südlich von Bergen fügt sich der Hardangerfjord malerisch in die Landschaft ein. Die körperlich sehr fordernde und lange Wanderung zum Fotomotiv “Trolltunga” ist sehr beliebt. Die „Instagramability“ dieses Felsvorsprunges hat sich mit über 200.000 Posts schnell herumgesprochen. Ging die Besucher*innenzahl bis 2014 in die Hunderte, liegt sie heute weit über 40.000 – mit negativen Auswirkungen auf die Umgebung.
 
Die Gegend rund um den Hardangerfjord ist auch für seinen hervorragenden Cider berühmt. Im Frühling verwandeln sich die Hänge in ein weißes Blütenmeer, im Herbst in ein Früchtemeer.
Das Mikroklima entlang der Fjorde ist ideal für den Anbau von Äpfeln. Auf der einen Seite reflektieren die Fjorde die Sonnenstrahlen, auf der anderen Seite sorgt der Golfstrom im Winter für milde Temperaturen. Es gibt eine eigene Obst- und Ciderroute, auf der lokale Produzent*innen besucht werden.
 
Die Jagd nach „dem schönsten Fjord“ muss nicht sein, denn jeder Fjord ist ein Höhepunkt für sich. Kleinere, unbekannte Fjorde wie der Dalsfjord zwischen Ålesund und dem Jostedalsbreen stehen ebenso für ein typisches und unverfälschtes Fjordnorwegen. Auch der Hjørundfjord zählt zu den unberührtesten Fjorden. Kleine Siedlungen, manche ohne Straßenanbindungen, sind auf über 35 Kilometern verstreut.


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Hjørundfjord © Øyvind Heen/fjords.com
Stabkirchen

Verstreut im Landesinneren sind die Stabkirchen einen Besuch wert. Einfaches Design in Kombination mit nordischer Tradition und ein Blick für Details zeichnen die Kirchen aus. Die älteste ist die Stabkirche von Urnes, die am besten erhaltene ist jene von Borgund.

Stabkirche Eidsborg © Cornelia Kühhas
Stabkirche Eidsborg © Cornelia Kühhas
Bergenbahn

Die Strecke Oslo – Bergen zählt zu den spektakulärsten Bahnstrecken in Europa, man ist rund sieben Stunden unterwegs. In Finse, gelegen am Nordrand der Hardangervidda, befindet sich mit 1.222 Metern Seehöhe der höchstgelegene Bahnhof in Nordeuropa.

Festung Arkersus in Olso © Anna Kodek
Trondheim
Blick auf Trondheim © Anna Kodek

In der fahrradfreundlichsten Stadt Norwegens, in Trondheim, befindet sich der erste und einzige Fahrradlift der Welt. Die “Trampe” befördert Jahr für Jahr zigtausend Fahrräder einen steilen Berg hinauf. Der Nidarosdom im Zentrum der Stadt ist das Ziel vieler Pilger*innen. Insgesamt acht Pilgerwege, die St. Olavswege, führen von allen Richtungen in die ehemalige Hauptstadt Norwegens, welche vom Wikingerkönig Olav Tryggvason im Jahr 997 gegründet wurde.

Trondheim © Mette Sand

Die Stadt wurde 2022 zur „Europäischen Region der Gastronomie“ erklärt. Jährlich findet im Sommer ein Food-Festival statt, wo sich hunderttausende Feinschmecker*innen durch mehr als 200 Gerichte, zubereitet von lokalen Lebensmittelproduzent*innen in der Innenstadt, durchkosten. Gemeinsam mit dem zeitgleich durchgeführten Trondheim Brewery Festival zählt es zu den besten Food-Festivals in Europa.

Dovrebahn

Norwegen hat ein ausgezeichnetes Bahnnetz. Die 548 Kilometer lange Dovrebahn durchquert eine der schönsten Landstriche und verbindet Oslo mit Trondheim. Kurz nach der Abfahrt erreicht der Zug den Mjosa-See, eines der größten Binnengewässer Norwegens. Besucher*innen schlendern durch die Museen von Lillehammer und tauchen in das Olympia-Flair vergangener Tage ein.
Über unzählige Brücken und Tunnel durchquert man das norwegische Gebirge. Der Ort Otta liegt direkt am Rondane Nationalpark und in Dombas besteht die Möglichkeit, in die berühmte Raumabahn Richtung Andalsnes umsteigen.
 
Die Dovrebahn fährt hingegen weiter Richtung Norden und erreicht mit dem Nationalpark Dovrefjell einen weiteren Höhepunkt. Oppdal ist ein idealer Ort, um das Umland zu erkunden. Hier werden beispielsweise Safaris zu den Elchen und Moschusochsen des Nationalparks angeboten.

Umweltschonende Anreise nach Norwegen

Das Tor zu Norwegen ab Wien ist eine Fahrt mit dem Nachtzug nach Hamburg. Danach geht es weiter über Kopenhagen, Malmö und Göteborg nach Oslo.
Fernbusse hingegen verbinden Hamburg an ausgewählten Tagen direkt mit Oslo.
Eine andere Variante ist, von Kiel mit der Fähre nach Oslo zu reisen bzw. mit der Fähre von Hirtshals im äußersten Norden von Dänemark nach Stavanger oder Kristiansand zu fahren.
Hirtshals erreicht man von Hamburg über Aalborg.  
 
Die Anreise wird zu einem kleinen Erlebnis, indem man zum Beispiel einen Stopp in Jütland einlegt und die Rabjerg Mile mit der versandeten Kirche besucht. Sie ist eine knapp 40 Meter hohe Sanddüne die jährlich weiterzieht und so ragt nur noch der besagte Kirchturm aus der Düne heraus. Malmö, Kopenhagen und Göteborg sind ebenfalls impulsive Städte, die es lohnt zu besichtigen.

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