Unter welchen Voraussetzungen funktionieren Community Based Tourism-Projekte? Welche Faktoren sind für ihren Erfolg oder Misserfolg ausschlaggebend? Ein wesentlicher Faktor dabei ist die Kommunikation, wie Harald A. Friedl meint. Er ist FH-Professor für Tourismusethik und Nachhaltigkeit am Studiengang „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ an der FH JOANNEUM in Bad Gleichenberg (Österreich). Sein Forschungsschwerpunkt ist die Rolle der Kommunikation für den Prozess des Übergangs hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft und zu nachhaltigem Tourismus:
Unsere Welt dreht sich immer schneller, weil sich gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Rahmenbedingungen gegenseitig durchdringen und damit komplexer und dynamischer werden. Dadurch stellen sich ständig neue Herausforderungen, wodurch bislang bewährte Lösungsansätze an Geltung verlieren und zudem die Lebensspanne neuer, hilfreicher Antworten auf neue Fragen schrumpft.
Unter solchen „singulären“ Bedingungen sind Projekte – im Sinne einer rational organisierten und befristeten Entwicklung von passenden Lösungen für hochspezifische Herausforderungen – eine sinnvolle Herangehensweise an die Bewältigung der Lebenswelt. Da erscheint es kaum überraschend, dass mittlerweile alle Aktivitäten unserer westlichen Kultur Projektcharakter erlangen, ob der Bau einer Mars-Rakete, die Reform des Schulsystems, die Urlaubsplanung, die Entwicklung einer Partnerschaft oder die Organisation eines Begräbnisses. Ist vielleicht das Leben selbst „nur“ ein Projekt?
Die Technik der koordinierten Umsetzung von Aufgaben
Wenn aber alles im Leben Projektcharakter hat, müsste demnach die Kernkompetenz (post-)moderner Lebens- und Weltbewältigung im Projektmanagement liegen: in der rationalen, verallgemeinerbaren und insofern erlernbaren Technik der koordinierten Umsetzung von Aufgaben. Klingt bestechend einfach, und doch ist das Scheitern eine häufige, schmerzhafte Erfahrung – ob bei der Entwicklung eines nachhaltigen Reiseprodukts, eines Masterplans für eine zukunftsfähige Destination oder eines Curriculums für globale Tourismusethik. War „nur“ unprofessionelle Projektumsetzung der Grund des Scheiterns?

Natürlich kann mangelnde Professionalität im Sinne von ungenauem, unverlässlichem oder gar chaotischem Arbeiten in den Abgrund führen. Wessen Mitarbeiter etwa einen Workshop für Stakeholder planen soll und dabei die Reservierung geeigneter Räumlichkeiten vergisst, liefert ein akutes Problem, aber auch eine wichtige Lernchance. Was steckt hinter diesem Missgeschick des Mitarbeiters?
- War der Mitarbeiter mit der Aufgabe überfordert?
- Hatte der Projektmanager den Mitarbeiter falsch eingeschätzt und somit falsch eingesetzt?
- War der Auftrag unklar formuliert und darum „nicht“ angekommen?
- Hätte der Mitarbeiter unterstützende Ressourcen wie Checklisten benötigt?
Mögen diese Fragen vordergründig auf technische Details zielen, so drehen sie sich doch alle um die effektive Koordination von Aktivitäten mittels passender Kommunikation. Denn erfolgreich agierende Projekt-Mitglieder agieren wie verbundene Gefäße, indem alle mittels ständigem Informationsaustausch am gleichen Kenntnisstand bleiben. „Verstopft“ der „Informationskanal“ zu einem Projektmitglied, kann die Information nicht mehr fließen, das Projektmitglied kann nicht mehr verstehen, was von ihm erwartet wird – und die Projektleitung kann nicht mehr wissen, welche zusätzliche Ressourcen dieses Projektmitglied benötigt, um seine Aufgabe erfolgreich auszuführen. Darum ist auch „Schlamperei“ letztlich nur ein Symptom von stockender Kommunikation aus Gründen wie der Unaufmerksamkeit, der Überforderung oder der Verstörung.

Kommunikationsprobleme als Stolpersteine
Während technische Probleme zumeist leicht lösbar sind, sind Kommunikationsprobleme die wichtigsten Stolpersteine in Projekten. Das liegt an der kulturell verankerten, darum auch unbewussten Annahme, Menschen könnten „Gedanken lesen“: Der Adressat müsse eine Botschaft verstehen können, solange man sie selbst verstehe. Missverständnisse können demnach nur Ausdruck von Unwillen oder gar Bösartigkeit des Adressaten sein … Dass für eine gelingende Kommunikation die Form der Botschaft mindestens so entscheidend sei wie der Inhalt, wird dabei übersehen.
Gedankenlesen kann nicht funktionieren. Dies beweisen sowohl neurobiologische Grundlagen als auch unsere Lebenserfahrung, wonach Kommunikation ein mühsamer, weil permanenter, von Ungewissheit geprägter Abstimmungs- und Lernprozess ist. Eben weil der Blick ins Hirn des Gesprächspartners unmöglich ist, fehlt im Gespräch stets die Gewissheit darüber, ob eine Botschaft „wirklich richtig“ angekommen sei. Erst das „Feedback“ in Gestalt des umgesetzten Auftrags verschafft Klarheit …

Projekte sind komplexe, lernende Systeme
Projekte lassen sich darum als komplexe, lernende Systeme beschreiben, deren Systemteile – die Teammitglieder und Stakeholder der Projekt-Umwelt – in verschiedenen Rollen miteinander potenziell in Wechselwirkung treten. Erfolgsentscheidend für ein Projekt ist darum im ersten Schritt, wie gut die Teammitglieder sich aufeinander einstellen und dabei gleichsam eine gemeinsame „Sprache“ entwickeln – und diese permanent pflegen können. Im zweiten Schritt muss dieser lernende Anpassungsprozess (= “Kommunizieren”) sukzessive auf alle „projekt-relevanten“ Stakeholder ausgeweitet werden. Werden bei diesem Integrations- und Koordinationsprozess potenzielle Stakeholder irrtümlicherweise als „irrelevant“ eingeschätzt und übergangen, ist das „Dornröschen-Syndrom“ die typische Folge: Die Person fühlt sich missachtet, mutiert „zur bösen Fee“ und sabotiert das Projektziel, die anvisierte Entfaltung der Zukunft.
Kommunikation ist in Projekten nicht alles, aber ohne Kommunikation bleibt Alles nichts …
Autor: Harald A. Friedl, Professor für Tourismusethik und Nachhaltigkeit am Studiengang „Gesundheitsmanagement im Tourismus“ an der FH JOANNEUM in Bad Gleichenberg, Österreich; E-Mail: harald.friedl@fh-joanneum.at