Über 1300 Fischspezies leben in den Wassern des Mekong und seiner Nebenflüsse. Dutzende Arten dürften noch unentdeckt sein und ebenso viele sind vom Aussterben bedroht. Neben ihnen tummelt sich auch Orcaella Brevirostris in den Fluten des Mekong. Orcaella Brevirostris ist kein Fisch, sondern ein Säugetier. Es ist der Irrawaddy-Delfin. Auch er steht auf der Liste bedrohter Tierarten in der Mekongregion. Die Gründe für die Gefährdung dieser seltenen Delfinart sind vielfältig.
In erster Linie ist es die Verschmutzung des Wassers. Pestizide aus der Landwirtschaft beeinträchtigen das Immunsystem besonders der Jungtiere sehr schwer. Diese erkranken in den ersten Wochen ihres Lebens immer öfter an bakteriellen Infektionen, die sie nicht überleben. Tierärzte des World Wildlife Fund haben aber auch hohe Dosen Quecksilber in den Kadavern einiger Delfine gefunden. Das hochgiftige Metall stammt von Goldbergbautätigkeiten an den Nebenflüssen des Mekong. Die Delfine nehmen schließlich all diese Chemikalien mit ihrer Nahrung auf. Das sollte letztendlich auch die Menschen am Mekong zum Nachdenken bewegen. Sie verzehren tagtäglich genauso all jene Fischarten, die auf dem Speiseplan der Irrawaddy-Delfine stehen. Neben der chemischen Bedrohung leiden die Delfine aber auch noch unter „mechanischen“ Gefahrenquellen. Trotz eines generellen Verbotes für das Fischen mit Sprengstoffen und Einschränkungen für die Verwendung von Netzen in den Lebensräumen der Delfine fallen bis heute einige Tiere jährlich diesen Praktiken zum Opfer. Touristenboote spielen leider auch noch eine weitere Rolle im Bedrohungsszenario der seltenen Säuger. Der durch die vielen Boote entstehende Stress nimmt großen Einfluss auf das Paarungsverhalten und das Leben der intelligenten Tiere.

Schätzungen des WWF zufolge leben heute weniger als 100 Irrawaddy-Delfine im Mekong. Pessimisten sprechen von lediglich 70 überlebenden Tieren. Dabei waren es vor 40 Jahren noch Tausende. Die größte Gruppe Delfine lebt zur Zeit 15 Kilometer nördlich der kambodschanischen Stadt Kratie. Etwa 10 weitere Exemplare leben noch in den Tiefwasserrinnen unterhalb der laotischen Mekongwasserfälle. Dort wurden in letzter Zeit jedoch keine Jungtiere mehr in der Delfingruppe beobachtet, ein tragisches Anzeichen für die bevorstehende Ausrottung der laotischen Tiere. Man fragt sich, wie es zu dieser rapiden Dezimierung der Irrawaddy-Delfine kommen konnte. Das erste große Schlachten begann, als die Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 die Delfine für die Trangewinnung fingen. Die Kriegsherren dieses Terrorregimes verwendeten das gewonnene Öl als Treibstoff für ihre Armeefahrzeuge. Dies klingt naheuzu unglaublich, wurde aber von ehemaligen Mitgliedern der Roten Khmer mehrfach bestätigt. Danach kam die Fischerei mit Netzen, in denen sich viele Delfine verfingen und leidvoll ertranken. Heute sind die Landwirtschaft und der Bergbau ihre größten Feinde. Das endgültige Aus für diese einzigartige Spezies im Mekong könnte der zukünftige Bau von Wasserkraftwerken sein. Es ist nicht anzunehmen, dass die Delfine den Stress und die massive Verschmutzung durch Sprengungen und Erdarbeiten überleben werden.
Es ist ungewiss, ob eine Rettung der Mekongsäuger überhaupt noch möglich ist. Hilfsprogramme haben jedoch bereits begonnen. Dabei spielt der Ökotourismus eine wichtige Rolle. Die Regierungen der Länder Laos und Kambodscha haben das touristische Potential der Delfine schon erkannt. Seit 2001 bemüht sich das Mekong Dolphin Conservation Project um die Rettung der Tiere und seit 2005 ist auch der WWF Kambodscha involviert. Es wurden Fischereiverbotszonen geschaffen und Patrouillenboote schippern wachsam am Mekong auf und ab. Die Mitarbeiter lokaler Tourveranstalter erhalten Informationen, wie sie und ihre Gäste sich im Lebensraum der Delfine zu verhalten haben, um nicht zu stören. Leider kam es im Juni 2009 zum Eklat, als der WWF einen kritischen Bericht über die Bedrohung der Delfine in Kambodscha veröffentlichte. Kambodschanische Behörden bezeichneten die Ergebnisse des Reports als „Unwahrheit“. Ihren Darstellungen zufolge gäbe es keine Bedrohung durch Quecksilber aus Goldbergbauaktivitäten und die Anzahl der Tiere sei auch höher, als vom WWF angegeben. Kambodscha spricht von 140 Delfinen, der WWF zählte in seiner Studie jedoch unter 100 Exemplare. Das Land und seine Regierung fürchten negative Presse in Zeiten, wo der Tourismus ohnehin durch die Weltwirtschaftskrise angeschlagen ist. Leider haben auch einige kambodschanische Politiker persönliches finanzielles Interesse an genau jener Bergbautätigkeit, die den Delfinen so sehr zusetzt.

Ich wollte mir von der touristischen Entwicklung rund um die Delfine im Mekong selbst ein Bild machen. Die Gelegenheit dazu hatte ich im Zuge einer Kayak-Tour im Gebiet der 4000 Mekonginseln in Südlaos. Wenige Kilometer unterhalb der gewaltigen Mekong-Stromschnellen und Wasserfälle tummeln sich noch die letzten permanent in Laos beheimateten Delfine. Um in die Nähe der Tiere zu gelangen, muss man mit dem Kayak vier Kilometer stromabwärts paddeln und dabei den Mekong überqueren. Das ist selbst für einen geübten Paddler, wie ich es bin, kein leichtes Unterfangen. Der Fluss ist schnell und die Strömungen und Strudel können tückisch sein. Kurz vor der Anlegestelle des „Dolphin Watch Point“ sollte man auch noch ein paar harmlose Stromschnellen vermeiden, indem man über ihnen den Strom quert. Das gelang mir leider nicht und ich driftete angstschweißgebadet mitten durch die Wellen. Anderen Kayakern erging es nicht besser und einige gingen sogar über Bord und durften dabei ihre Schwimmwesten testen.

Trotzdem kamen wir, das waren 14 Leute von AllPointsEast Travel, 3 Paddelführer und ich, alle heil am Ufer an. Die Beobachtungsstelle befindet sich bereits auf kambodschanischem Territorium unweit des Dorfes Anlung Chheuteal. Die Wasser des Mekong gehören dort aber noch zu Laos.

Wir saßen noch keine fünf Minuten auf den überdachten Holzbänken beim Aussichtspunkt, als in Ufernähe die erste Rückenflosse eines Delfins auftachte – weniger als 30 Meter von uns entfernt. Kurz darauf erschien der Kopf eines weiteren Tieres für einige Sekunden über dem Wasser. Es schien, als ob dieser Delfin das touristische Treiben am Ufer beobachten wollte, bevor er wieder in den Mekong abtauchte. Wir waren alle begeistert! In den folgenden zwei Stunden machten wir garantiert über 100 Sichtungen. Die Tiere entfernten sich aber leider immer weiter in den Mekong hinaus, da mehrere motorisierte Boote mit Touristen und Einheimischen über die Bucht hinwegfuhren. Auch das dumme Geschrei einiger Leute dürfte die scheuen Säugetiere vertrieben haben. Als meine PaddelkollegenInnen sich dann sogar noch lärmend in die kühlen Mekongfluten stürzten, war ich wirklich sauer. Ein kurz zuvor angekommenes Studentenpärchen aus Graz teilte meinen Unmut. Wir konnten zwar nach wie vor die Delfine beobachten, die waren nun aber über 100 Meter weit vom Ufer entfernt. Ich musste daran denken, wie furchtbar es wäre, wenn sogar der Ökotourismus noch zur Gefahr für die Irrawaddy-Delfine werden würde.
160 Kilometer weiter flussabwärts lebt die zweite, größere Gruppe Delfine. Ihr Dasein ist nicht minder gefährdet als das der laotischen Tiere. Kambodscha hat in jüngster Zeit diesen Ort zu einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes erklärt. Das Tourismusministerium schätzte 2008 die Zahl der Delfin-Besucher auf über 120 000 (darunter 20 000 Ausländer). Das ist eine beeindruckende Zahl. Den dadurch entstehenden Stress für die Tierwelt kann man aber leicht erahnen. Und auch an diesem Ort hängt das Damoklesschwert des Staudammbaus sehr tief über den Wassern des Mekong. Es wäre furchtbar, wenn man in wenigen Jahren nur noch ein Delfindenkmal aus Stein an den Ufern des Flusses fotografieren könnte. Die Aufmerksamkeit und Mithilfe am Schutz der Delfine sollte für alle Beteiligten am Tourismus eine Priorität sein. Wenn einmal die letzten Delfine tot sind, ist es zu spät.Ich möchte darum abschließend einen kleinen Leitfaden präsentieren, wie man sich als Tourist, Tourbegleiter oder Führer bei der Beobachtung der Irrawaddy-Delfine verhalten sollte. Diese Verhaltenweisen wurden bereits von SNV Netherlands Development Organization publiziert und teilweise von mir nach eigenen Erfahrungen ergänzt:
- Vermeidung von Motorbooten zu Beobachtung der Delfine, Kayak ist eine tolle Option.
- Wenn man ein Motorboot mietet, dann den Fahrer zu langsamer Fahrt zwingen und nicht in die Nähe der Tiere fahren lassen – der Mindestabstand zu den Delfinen sollte 100 Meter betragen!
- Bei Annäherung an Delfine mit einem Motorboot: Motor abstellen lassen und näher ranpaddeln.
- Die Delfine niemals von vorne anfahren, selbst mit dem Kayak nicht.
- Keinen Lärm machen und schon gar nicht versuchen, mit den Delfinen zu schwimmen.
- Bootsfahrer daran hindern, die Delfine in die Enge zu treiben, bloss damit manche Touristen sie besser fotografieren können.
- Auf keinen Fall sollte man versuchen die Tiere zu füttern! Ihr könnt Touristen oder Einheimische auch davon abhalten, wenn sie es probieren sollten.
- Schädigendes Verhalten von Bootsfahrern, Touristengruppen oder Fischern an lokale Organisationen melden:
www.conservation.org (Conservation International Cambodia)
www.panda.org/greatermekong (WWF Cambodia)
SNV Netherlands Development Organization, Cambodia, House No 21a, Street 302, BKK1, Phnom Phen, Telefon: +855 23 726 424
e-mail: snvcam@yahoo.com Web: www.snvworld.org
Weitere Infoquelle: http://www.panda.org/what_we_do/endangered_species/cetaceans/about/irrawaddy_dolphin