Ein Elefant frisst täglich ungefähr 10% seines Eigengewichtes. Bei einem ausgewachsenen Tier können das über 300 Kilogramm pflanzlicher Nahrung sein! Ich müsste 8,5 Kilo Nusskuchen, Pizza und Salat verdrücken, um da mithalten zu können.

„Wir dürfen ihnen aber nicht jede Grasart füttern. Elefanten sind sehr wählerisch und auch die Nährstoffe müssen ausgewogen sein“, sagt Dr. Samart Prasitphon, ein ausgebildeter Tierarzt. Er begann seine Arbeit mit den klugen Dickhäutern in Surin, Thailands traditioneller „Elefantenhauptstadt“ im Nordosten des Landes. Dort war er im Department for Livestock Development beschäftigt, einer staatlichen Institution, die auch Tierhospitäler unterhält. Nach ein paar Jahren ging Dr. Prasitphon nach Westthailand, wo man bereits über eine Anlage für gestrandete Elefanten in der Provinz Kanchanaburi diskutierte. Vorbild waren und sind ein Projekt in Surin und das Elefantenkrankenhaus Lampang in Nordthailand. Nach seiner Ankunft kümmerte sich der Tierarzt zuerst einmal um die Elefanten in den zahlreichen Elephants & Rafting Camps der touristisch gut erschlossenen Provinz Kanchanaburi. Als Angestellter beim Department for Livestock Development sah er die Notwendigkeit einer besser zu koordienierenden medizinischen Versorgung der lokalen Arbeitselefanten.

Die meisten der rund 2000 domestizierten Elefanten Thailands werden im Tourismus eingesetzt. Viele verdienen „ihr Geld“ als Reittiere oder auf den Straßen der Touristenzentren, wo ihre Mahuts teuer Bananen und anderes Obst für ihre Tiere verkaufen. Andere Elefanten arbeiten unter schwersten Bedingungen in den Wäldern Burmas, nahe der Grenze zu Thailand und werden oft von Thai-Elefanten-Camps für Reisende gemietet. Die Tiere leiden teilweise unter schlechten Haltungsbedingungen und falscher oder mangelnder Ernährung. Dazu kommen Verletzungen, welche sie sich auf den Straßen der Städte zuziehen. „Eingetretene Nägel, Glasscherben und Schrauben führen zu bösen Entzündungen und bleiben oft wochenlang unbehandelt“, sagt der Elefantendoktor mit leicht frustriertem Ton. Zu Unterernährung kommt es nicht, weil kein Futter da wäre. Der häufigste Grund: In der Wildnis fressen Elefanten den ganzen Tag lang, im Touristengeschäft haben sie einfach zu wenig Zeit dazu! Wenn die Tiere dann zu schnell fressen, kommt es nicht selten zu schweren Verdauungsstörungen.
Während Dr. Prasitphon das Elefantenreiten bei guter Haltung der Tiere keineswegs ablehnt, spricht er sich aber sehr heftig gegen Bettelelefanten in den Städten aus. Diese Art von Business ist leider weit verbreitet in Thailand, obwohl illegal. Wird ein Stadt-Elefant von den Behörden beschlagnahmt, muss er aber irgendwo untergebracht werden, bis seine Zukunft in einer besseren Umgebung gesichert ist. Genau dafür gibt es die temporäre Unterkunft „Elephant‘s World“ in Kanchanaburi.

Das Projekt wurde im August 2008 mit staatlicher und privater Hilfe gegründet und wird von Dr. Prasitphon seit der Eröffnung geleitet. Die 21 Hektar Land der Elefantenwelt wurden von einem privaten Grundstücksbesitzer zu Verfügung gestellt. Dieser hat sich damit auch den eigenen Wunschtraum eines Elefantenheims verwirklicht. Vor Kurzem entstand die Idee, Touristen in das Projekt einzubinden. Ihnen wird die Möglichkeit geboten, sich beim Pflanzen von Bananen und speziellem Elefantengras voluntär nützlich zu machen und dann beim täglichen Bad mit den Elefanten im Kwae Yai River dabei zu sein. Ein kurzer Ausritt ist auch kein Problem, sofern der Andrang nicht zu groß ist – geritten wird aber ohne Korbsattel, einfach nur im Nacken der Tiere. Ein Riesenspaß übrigens!

Dr. Prasitphon und sein Team versorgen die Gäste nicht nur mit Mahlzeiten, sondern auch mit fachkundiger Information über Elefanten. Zur Zeit werden fünf Elefantenkühe und ein junger Bulle in der Elephant’s World Kanchanaburi betreut. Die Kapazität wäre aber viel höher, wenn genug Futter vorhanden wäre. „Wir könnten dann bis zu 50 Tiere beherbergen und auch eine Krankenstation wird hoffentlich bald realisiert“, hat der Tierarzt schon große Zukunftspläne. Das ganze Projekt ist aber nicht als profitreiches Geschäft geplant, es geht allen Beteiligten um das Wohl ihrer mächtigen Lieblinge. Einige werden in Zukunft sicher den Rest ihres Lebens in der Elefantenwelt bleiben müssen, gerettet vom elenden Dasein in den Straßen der Touristenorte, oder, weil sie zu alt werden fürs Arbeiten. So ein Schicksal traf „Nam Choke“, eine 70-jährige Elefantendame. Völlig abgemagert landete sie beim Elefantendoktor, nachdem man sie in Südthailand vom Asphalt der Stadt Phang Nga holte. Da sie bereits zahnlos ist, braucht sie besondere Nahrung, die sie hier in Kanchanaburi bekommt. „In Phang Nga wäre sie langsam verhungert“, weiß der Veterinär und blickt mit einem Lächeln auf seinen ältesten Schützling.

Was für ein Unterschied zum Tiger-Tempel (siehe Beitrag „Freie Wildbahn im Tempel“) dieses Elefantenprojekt doch ist! Eine Gruppe von 30 Thai-Studenten aus Bangkok war gestern, als ich die Elefantenwelt besuchte, der erste größere Touristenaufmarsch bei Dr. Prasitphon. Sie übernachteten in Zelten und halfen tagsüber beim Einsetzen von Pflanzen auf der weiten Ebene hinter dem Fluss. Dr. Prasitphon will schon bald ein einfaches Langhaus aus Holz bauen lassen, als zusätzliche Unterkunft für Voluntäre. Ein paar kleine Hütten und ein Lager für den üblichen Grillabend existieren bereits. Ich bin überzeugt, das sich diese Initiative zu etwas Grandiosem entwickeln wird!
Nähere Infos und einen Lageplan gibts auf www.elephantsworld.org
Das Projekt befindet sich ca. 35 km westlich von Kanchanaburi, unweit des bekannten Nichiko-Golfplatzes.
Fast 2 Jahre später im April 2011:
Das Reservat des Elefantendoktors hat sich langsam, aber toll entwickelt! Die vormals geplanten Bungalows für Gäste sind bereits entstanden, ich sah eine Solarzellenanlage im Camp und ein kleine Krankenstation für die Dickhäuter gint es nun auch. Am wichtigsten ist jedoch die stetig steigende Zahl der Helferinnen und Helfer. Leider habe ich nach meinem Besuch im April 2011 mein Notizbuch verloren – ich hätte die begeisterte holländische Langzeit-Helferin und ihre Kollegein gerne namentlich erwähnt.
Neben den engagierten Volontären/Innen fand ich diesmal 7 Elefanten im Camp vor. Die Zahl variiert aber ständig, da einige Tiere nur temporär ins Camp kommen.
Die Probleme mit “Straßenelefanten” in Thailands Touristenzentren sind geblieben, leider. Dennoch versucht Dr. Prasitphon weiterhin unentwegt seinen Einfluss gegen das “untierische” Geschäft mit den Jumbos wirken zu lassen. Tolle Sache! Wünschen wir alle dem Elefantendoktor und seinem Team dabei den verdienten Erfolg.


